
Nachhaltigkeit ist ein aktuelles Schlagwort, das in aller Munde ist. Doch was steckt hinter dem Begriff Nachhaltigkeit und was bedeutet er für den modernen Hausbau? Vernetzung, Transportmöglichkeiten und technischen Errungenschaften machen das System Bauen wesentlich komplexer. Nachhaltigkeit ist nicht eine einzige Eigenschaft, sondern vielmehr ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Es kommt auf die individuelle Gewichtung der einzelnen Aspekte je nach Situation an. Bei meinem Versuch, einen Artikel über Nachhaltigkeit zu schreiben, wurde schnell klar: Ich mache eine vierteilige Serie aus dem Thema. Denn Nachhaltigkeit ist wirklich sehr vielschichtig und nicht so schnell abzuhandeln. Mir liegt das Thema aber am Herzen und ich möchte Euch die ganze Bandbreite, die nachhaltige Produkte und nachhaltiges Wirtschaften beinhalten, darstellen. Hier also Teil 1, in dem es um Ressourcenschonung und Nutzungsdauer geht.
Nach Öko und Bio ist Nachhaltigkeit im Moment sicher ein wichtiges Argument, mit dem geworben und umworben wird. Doch nicht überall, wo der Eindruck von Nachhaltigkeit erweckt wird, ist auch tatsächlich Nachhaltigkeit drin. So werden scheinbar ökologische Ziegel aus heimischen Rohstoffen in Indien produziert. Früher waren Ziegel nachhaltig, denn Lehm-Vorkommen gab es fast überall und Arbeitskräfte für die arbeitsintensive Produktion waren auch vorhanden. Ausgeliefert wurde in direktem Umkreis. Wenn heute ein Ziegel auf der Baustelle ankommt, hat er oftmals die Welt bereist. Auch der Ökohaus-Haushersteller aus Norddeutschland, der seine Bauteile quer durch Deutschland transportiert und im südlichsten Zipfel der Nation sein Haus aufbaut, hat den langen Transport negativ auf der Ökobilanz stehen. Fragwürdig hinsichtich der Nachhaltigkeit sind auch mit technischem Hightech bis unters Dach vollgestopfte Häuser, deren Komponenten schon bei der Produktion mehr Energie benötigen, als sie jemals einsparen können. Hier den Durchblick zu bewahren und die verschiedenen Gesichtspunkte der Nachhaltigkeit gegeneinander abzuwägen, ist nicht immer einfach.

Nachhaltig ist es, Altes zu erhalten solange es wirtschaftlich ist und danach wieder dem Kreislauf zuzuführen.
Der Begriff Nachhaltigkeit kommt aus der Forstwirtschaft, dort wurde er vor ungefähr 300 Jahren geprägt. Damals durften nur so viele Bäume gefällt werden, wie wieder nachwachsen. Das Ökosystem Wald sollte sich selbst wieder regenerieren können. Heute bezieht sich der Nachhaltigkeitsanspruch auf alle Lebensbereiche. Dadurch wird er vielschichtiger. Das Prinzip dahinter, bleibt aber gleich: Nutze die Natur, ohne sie zu zerstören. Bezogen auf den Hausbau, einer Sanierung oder das Bewohnen einer Immobilien heißt das grundsätzlich, dass Ressourcen so genutzt werden, dass sie auch für kommende Generationen noch zur Verfügung stehen. Doch so einfach ist das oft nicht. Unsere Welt ist durch die Industrialisierung, den technischen Entwicklungen und der globalen Ausrichtung nicht mehr dieselbe wie vor 300 Jahren. Das Rat zurückdrehen will und kann man natürlich auch nicht. Zudem bieten die modernen Errungenschaften ja auch viel Chancen. Die Definition von Nachhaltigkeit macht das aber nicht einfacher. Zumal es die eine Nachhaltigkeit, die man einfach wie eine Schablone überstülpt, nicht gibt. Es kommt auf die richtige Balance zwischen den verschiedenen Aspekten der Nachhaltigkeit an, die in jeder Situation individuell betrachtet und bewertet werden muss.
Die Balance der verschiedenen Aspekte macht Nachhaltigkeit aus. Klick um zu TweetenEin Aspekt ist die Ressourcenschonung. In diesem Zusammenhang kommt der Begriff Nachhaltigkeit der ursprünglichen Definition aus der Forstwirtschaft wohl am nächsten. Natürlichen Ressourcen und auch Techniken sollten in einem angemessenen Rahmen eingesetzt werden. Halten wir hier kurz inne und sehen uns den Begriff Ressourcen näher an. Machen wir uns klar, damit sind nicht nur Rohstoffe wie Erdöl gemeint, sondern auch frisches Wasser, saubere Luft und gesunder Boden. Da geht es nicht nur darum, wie wir in Zukunft unsere Fortbewegung bestreiten und wie wir unsere Häuser heizen. Sondern es geht um die Grundlagen allen Lebens. Ressourcenschonung stuft auch das Umweltbundesamt als “ressortübergreifendes Handlungsfeld” an. Vorbild sind die natürlichen Stoffkreisläufe wie sie das Ökosystem Wald beispielsweise anschaulich zeigt. Doch davon sind wir in unserer Industriegesellschaft Lichtjahre entfernt. Also muss das altertümliche Vorbild in unsere moderne Wirtschaft übersetzt werden. Wir fliegen zum Mond, tauchen in die tiefsten Tiefseegräben, entwickeln künstliche Intelligenz – da müsste dies eigentlich ein Klacks sein.

Zu den Ressourcen zählen nicht nur Rohstoffe, sondern auch Wasser, Luft und Boden. Foto: Joseph Barrientos
Nachhaltiges Wirtschaften zeichnet sich durch einen minimalen Ressourcenverbrauch aus, der weder andere Regionen oder nachfolgende Generationen schädigt. Machbar ist dies nur, wenn man Produkte über den gesamten Lebenszyklus von der Rohstoffgewinnung, über die Produktion, den Transport, die Verarbeitung bis hin zur ihrer Entsorgung betrachtet. Auf Kreislaufwirtschaft und Recycling möchte ich im zweiten Teil dieser Nachhaltigkeits-Serie näher eingehen. Ressourcen zu schonen, bedeutet aber auch: Nicht alles was geht, muss sein. Suffizienz ist in diesem Zusammenhang ein interessantes Stichwort. Leider ist es nicht so populär, weil wohl nicht sehr werbetauglich. Es enthält aber einen wichtigen Ansatz. Suffizienz bedeutet ein Besinnen auf das wirklich Notwendige. Wir alle sollten uns bei unserem Handeln immer wieder fragen, was wir wirklich brauchen und auf was wir auch getrost verzichten können. Getreu dem Motto “weniger ist mehr” geht es darum, den übermäßigen Einsatz von Ressourcen und Techniken zu vermeiden. Oft sind die einfachen Lösungen die besten und günstigsten.
Besinnung auf das wirklich Notwendige ist nachhaltig. Klick um zu Tweeten
Hier wurde das alte Fachwerk sichtbar gelassen, um die Geschichte des Hauses im Innern erlebbar zu machen.
Ein weiterer, eigentlich sehr einfacher Aspekt der Nachhaltigkeit ist eine lange Nutzungsdauer. Das heißt, die Dinge, die schon vorhanden und produziert sind, sollten wir möglichst lange nutzen. Eine Wegwerfgesellschaft ist alles andere als nachhaltig. Da der Hausbau eine aufwändige und kosten- sowie ressourcenintensive Angelegenheit ist, gilt das hier besonders: bestehende Gebäude sollten möglichst lange instand gehalten und genutzt werden. Der Bestand als wertvolle Ressource. Wenn dies nicht mehr möglich ist, folgt eine sinnvolle und wirtschaftlich tragbare Sanierung. Den aktuellen Top-Standard als allumfassenden Maßstab anzulegen, ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht immer ratsam. Auf die wirtschaftliche und soziale Komponente der Nachhaltigkeit werde ich im Teil 4 dieser Nachhaltigkeits-Serie eingehen. Doch auch weniger bringt eine wesentliche Verbesserung des Energieverbrauchs und des Komforts. Das Verhältnis zwischen eingesetzten Mitteln und dem Ergebnis sollte stimmen. Was nicht mehr saniert werden kann, wird rückgebaut, wie es beim Hausbau so schön heißt. Hier sind wir wieder beim Recycling.
Bestandsbauten sind wertvolle Ressourcen. Klick um zu TweetenRessoucenschonung und die lange Nutzungsdauer habe ich im Teil 1 der Nachhaltigkeits-Serie beschrieben, da sie für mich die Grundlagen sind. Außerdem liegt hier für jeden Einzelnen eine Möglichkeit, ganz einfach mit Nachhaltigkeit zu beginnen. Im Teil 2 möchte ich dann auf die Themen Recycling und Zertifizierungssysteme eingehen. Teil 3 wird sich mit Energiekonzepten für Häuser beschäftigen und im Teil 4 werde ich die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit beleuchten. Am Ende steht die Frage: Wie kann ich als Laie Nachhaltigkeit sicher stellen? Ich werde Euch ein paar Tipps geben, wo man Experten findet, wie man Bauprodukte auswählt usw. Wenn Ihr die weiterfolgenden Teile nicht verpassen möchtet, dann tragt Euch doch gleich in den Newsletter ein. Da ich mich bemühe, meinen Abonnenten mehr zu bieten, gibt es für sie am Ende der Serie eine Checkliste “Nachhaltigkeit” zum Download. Mithilfe der Checkliste kannst Du Produkte hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit bewerten und vergleichen.
Kommentare