Heimat ist sicherlich ein sehr vielschichtiger und individueller Begriff – spannend, sich einmal darüber Gedanken zu machen und sie niederzuschreiben. Angeregt wurde ich von der Blogparade #Heimat von tellyventure. Übrigens meine erste Blogparade, also los geht’s mit der Frage: Was bedeutet Heimat für mich? Heimat hat für mich viel mit einer Umgebung zu tun, in der ich mich wohlfühle. Dazu gehören Menschen, aber auch mein Wohnumfeld. Ich brauche ein schönes, helles und ansprechendes Heim – mein Nest sozusagen, in das ich mich zurückziehen und mich erholen kann. Was bedeutet Heimat für mich? - Ein Beitrag zur Blogparade Klick um zu Tweeten
Wohnen, Leben und Arbeit finden für mich als Selbstständige seit vielen Jahren unter einem Dach statt. Mein Zuhause ist Lebensmittelpunkt, hier verbringe ich die meiste Zeit. Damit das Gefühl von Heimat aufkommt, brauche ich ein angenehmes Wohlfühlambiente. Die Vorstellung von einem Heim, in dem ich mich geborgen fühle, haben sich mit den Jahren stark verändert. Früher war ich eher der Höhlenmensch, lebte gerne unter dem Dach mit uneinsehbaren Fenstern, liebte natürliche Holzoberflächen und kräftige Farben, war umgeben von vielen Büchern und einem bunten Sammelsurium, das ich auf Märkten erstanden oder aus dem Urlaub mitgebracht hatte. Heute sieht ein Heim, mit dem ich Heimat verbinde, völlig anders aus. Ausreichend Raum zu haben gibt mir Ruhe und entspannt den Familienalltag ungemein. In der Zwischenzeit ist dieser Raum sehr leer, nur die nötigsten Möbel finden Platz, Deko und Sammelstücke gibt es wenig, ich liebe die Farbe Weiß, große Fensterflächen mit vorhangfreiem Blick in den Garten und die Umgebung.
Den letzten Umzug habe ich dazu genutzt, mich von vielen Dingen zu befreien. Das war wie den Reset-Knopf drücken. Nach den vielen Jahren des Sammelns war das eine reine Wohltat. Es hatte sich so viel angesammelt und an jedem Teil hingen Erinnerungen. Das kann einen auf Dauer auch erdrücken. Die Vergangenheit prägt, aber man muss sie nicht ewig in Form von Erinnerungsstücken mit sich rumschleppen. Überhaupt habe ich viel weniger das Bedürfnis als früher, die wichtige Ereignisse oder schöne Momente in irgendeiner Form festhalten zu müssen. Dafür habe ich sehr schnell das Gefühl, alles müllt mich zu. Vielleicht verlassen manche die Heimat aus genau diesen Beweggründen – Reset-Knopf drücken, alles hinter sich zu lassen. Das in der gewohnten Umgebung mit all dem dazugehörigen Ballast wesentlich schwieriger.
Heimat braucht Zeit, zu wachsen. Klick um zu TweetenIch war immer sehr orts- und familienbezogen und mein Lebensradius glich dem eines Kreisels rund um den Ort meiner Kindertage. Ich fand es toll, wenn meine Freunde in die Welt gezogen sind, selbst hat es mich allerdings nie wirklich weggezogen. Heimat ist für mich, den Menschenschlag zu kennen, denselben Humor zu teilen, stundenlang mit dem Hund durch Wiesen und Felder zu ziehen und dabei jeden Winkel zu kennen. Heimat ist für mich auch, die Verkäuferin beim Bäcker, die ich seit Jahren kenne. Die freundliche Frau in der Apotheke, die mit einem früheren Mitschüler von mir aus der Grundschule verheiratet ist. Ein Stadtbummel, bei dem ich viele Menschen vom Sehen her kenne und bei dem sich immer wieder Gespräche ergeben. Der Gedanke, in eine andere Gegend zu ziehen stand durchaus an manchen Stellen meines Lebens zur Debatte. Schließlich gibt es viele schöne Fleckchen auf der Erde. Mich verunsicherte die Vorstellung, die Menschen und ihre Mentalität nicht einschätzen zu können.
Dabei ist mir die Geschichte einer früheren Nachbarin aus Kindheitstagen eingefallen. Die sehr aufgeschlossene, immer gut gelaunte und kommunikative Frau zog mit Mann und Tochter in den Schwarzwald. Dort, so hörte ich, wurde sie depressiv und schwer krank. Ich war völlig fassungslos, das konnte nicht dieselbe Frau sein, die bei uns immer fröhlich winkend auf dem Fahrrad unterwegs und jederzeit für einen Plausch zu haben war. Doch in der neuen Umgebung fühlte sie sich anscheinend nicht heimisch. Auch Freunde von mir erzählten, wie sie über Jahre in der neuen Wahlheimat keinen Kontakt fanden. Dabei geht es nicht nur um Freundschaften, sondern um den alltäglichen Smalltalk mit den Nachbarn, beim Einkaufen oder auf dem Spielplatz. Natürlich ist das eine Frage des Wollens und offene Menschen finden überall Kontakt. Aber in der Heimat ist das irgendwie einfacher. Vielleicht auch, weil man mit dem Umfeld groß geworden ist und sich die Dinge leichter ergeben. Das kann natürlich phasenweise auch zum Fluch werden, denn nicht immer möchte man jemand sehen, der jemand kennt, der zumindest die Eltern kennt. Manchmal möchte man anonym sein. Das geht in der Heimat nur schwer.
Heimat spüre ich im Moment des Heimkommens. Klick um zu TweetenIch finde es ganz toll, wenn Weltenbummler sagen: da wo ich mich wohlfühle, ist meine Heimat. Aber für mich ist das Gewohnte, Liebgewonnene sehr wichtig. Ich liebe unsere grüne Hügellandschaft mit den vielen Streuobstwiesen, den kleinen Bächlein und vielen Waldgebieten. Es ist der Geruch von Heimat, der Moment des Heimkommens, wenn der Blick über gewohnte Felder schweift. Es sind die Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind. Ich merke auch immer mehr, dass in den Regionen unterschiedliche Wertigkeiten gelebt werden. Natürlich reibe ich mich an vielen Eigenheiten der alteingesessenen Nachbarn. Ich bin freier, offener und weniger geprägt von dem, was “man” tun sollte. Doch diese Dinge scheinen die Menschen auch zu verbinden und zusammenschweißen. Unserer 81-jährige Nachbarin beispielsweise hat genaue Vorstellungen, was zu verschiedenen Anlässen angebracht ist. Die älteren Damen in der Nachbarschaft (leider sind es oft nur noch die Frauen, die übrig sind), kennen sich schon 30, 40 Jahre oder länger. Die vielen Jahre und die gemeinsamen Erlebnisse scheinen eine Nähe herzustellen, vor allem im Alter, wenn es eben allen nicht mehr so gut geht.
Das ist etwas, dass ich mit Heimat bezeichnen würde. Und ich glaube, Heimat gewinnt besonders im Alter an Wichtigkeit. Dabei finde ich es entscheidend, dass man im Geiste frei bleibt. Mit der Heimat im Herzen in die Welt zu ziehen, auch wenn es nur im Urlaub ist, und dabei eintauchen in die Heimat anderer. Raus aus dem Gewohnten, andere Facetten erleben, den Horizont erweitern. Das braucht es, um die Heimat genießen und schätzen zu können. Danach freue ich mich, wenn ich wieder heimkomme. Die viel gefahrenen letzten Kurven vor dem Zuhause, das eigene Bett, die Cappucchino-Maschine, der Garten und alles Vertraute. Das Gefühl von Heimat verbinde ich stark mit dem Heimkommen. Ein Platz, den ich mir geschaffen habe, an den ich immer wieder zurückkommen kann und der sich, solange ich weg bin, nicht verändert.
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