Das blaue Haus der Abenteuerbande sieht man schon von Weitem. Beim Näherkommen winken einige Kinder, die in den großen Glas-Erkern stehen und die Bauarbeiter vor dem Haus beobachten. Ist ja super, so eine Baustelle direkt vor der Kita. Die momentan 30 Kinder der Kita des Studierendenwerkes Stuttgart haben einen besonderen Bezug zu ihrem neuen blauen Haus. Die alte Kita war gleich eine Querstraße weiter und alle haben die Entstehung des neuen Reichs genau mitverfolgt. Seit Mai dürfen die Abenteuerbande, ihre Erzieherinnen und Erzieher (ja es gibt zwei!) sowie die Eltern das blaue Reich in Besitz nehmen. Ich habe diese tolle Kita mit meinem Junior (4,5 Jahre) besucht und wir wären beide am liebsten gleich dort geblieben. Warum? Das möchte ich Euch gerne erzählen.
Dienstag Mittag 15 Uhr, Eduard-Pfeiffer-Straße im Stuttgarter Norden, der Himmel ist bedeckt, alles wirkt Grau in Grau. Alles? Nein, da vorne leuchtet etwas in einem unwiderstehlichen Knallblau. Da wollen wir hin, Junior und ich. Magisch angezogen von dem tollen Blau, von dem sich der Himmel heute eine Scheibe abschneiden könnte, parken wir in der Nähe des auffälligen Hauses in der Lieblingsfarbe meines Sohnes. Ein dunkler Wuschelkopf steht im ersten Stock am großen verglasten Erker und schaut den Bauarbeitern auf der Straße zu. Die großen, bronzefarben gerahmten Fenster im Erdgeschoss geben den Blick frei auf ein riesiges buntes Bällebad, einen Hängesack und andere spannende Einrichtungsgegenstände, die zum Bewegungsraum gehören und meine kleine Begleitung sofort in Entzücken versetzen.
Wir betreten den großzügigen dreigeschossigen Bau und die Tour durch die Abenteuerbande beginnt. Alles ist hell, großzügig und freundlich. Junior verschwindet natürlich erst einmal im Bewegungsraum und versinkt im Bällebad. Der Eingangsbereich ist groß geschnitten, damit hier auch Veranstaltungen und Feste stattfinden können. Im ersten Stock sind die beiden Gruppen für die Kleinen Abenteurer bis drei Jahre untergebracht. Momentan ist nur eine Gruppe besetzt. Auch hier herrscht eine helle und freundliche Atmosphäre. Die Flure sind breiter als normal und dienen als Spielflur. Was ganz offensichtlich gern genutzt wird, denn uns kommt gleich ein kleiner Abenteurer entgegen gekrabbelt, der uns mit seinen breiten Grinsen seine zwei Zähnchen präsentiert.
Kita Abenteuerbande des Studierendenwerks Stuttgart. Klick um zu TweetenDie Einrichtung ist aus hellem Holz, jedes Kind hat eine gut organisierte Garderobe mit verschiedenen Fächern. Auffällig ist die gute Akustik in den Räumen. Trotz der großen Räume und Flure und dem festen Linoleum-Belag hallen weder die Schritte noch die Stimmen nach. Man kann sich prima unterhalten. Eine gute Planung mit Schallschutz-Elementen trägt maßgeblich zu einem entspannten Kindergarten-Alltag bei. Räume, in denen sich das Stimmengewirr der Kinder und Betreuer überschlagen, sind Stress für alle Beteiligten. Leider wird darauf in vielen Kindergärten nicht ausreichend geachtet. Im blauen Haus der Abenteuerbande ist es angenehm ruhig, obwohl sich viele Kinder in der Tageseinrichtung befinden.
Ganz oben im zweiten Geschoss sind die Großen von drei bis zum Schuleintritt untergebracht. Jeder Gruppenraum hat diesen fantastischen verglasten Erker mit einer gemütlichen Empore. Dorthin können sich die Kinder zurückziehen – der Teppichbelag und viele Kissen laden dazu ein. Von hier aus beobachten die kleinen Abenteurer die Umgebung, wie wir es ja schon bei unserer Ankunft gesehen haben. Man bekommt selbst Lust, es sich hier eine Weile gemütlich zu machen. Das Schöne daran ist, dass auch die Nachbarn die Kita besser erleben und in Kontakt mit den Kindern treten können.
Ein Kinderparadies mitten in der Stadt. Klick um zu TweetenNach anfänglicher Skepsis über eine Kita direkt in der Nachbarschaft, berichtet mir Leiterin Carmen Nickel, dass alle von der Abenteuerbande begeistert sind und viele versuchen, einen Platz für ihre Sprösslinge zu ergattern. Das ist nicht so einfach, denn die Kita Abenteuerbande ist in erster Linie für Studierende. Nur wenn Plätze darüberhinaus frei sind, können auch andere Kinder aufgenommen werden. Das Studierendenwerk Stuttgart bietet mit dem Neubau nach den Plänen des Architekturbüros (se)arch eine hochwertige und kindgerecht gestaltete Architektur nach neuestem Standard. Man ist sofort vom Charme des Gebäudes in Bann gezogen und möchte am Liebsten noch einmal Kind sein oder wenigstens Elternteil eines kleinen Abenteurers.
Gute Architektur beeinflusst Menschen im Positiven – egal ob groß oder klein. Man muss gar nichts davon verstehen, man muss sie einfach nur erleben. Das bestätigt auch Leiterin Carmen Nickel: “Die Kinder sind viel entspannter und ruhiger und wir haben viel mehr Möglichkeiten mit Ihnen.” Auch für die Erzieherinnen und Erzieher sind das beste Arbeitsbedingungen. Also nicht genug, wir haben noch mehr besichtigt und die Begeisterung von mir und Junior wuchs von Zimmer zu Zimmer. Im Obergeschoss gibt es ein Atelier, in dem die Kinder malen, werkeln und basteln können. Auch hier ist eine große Eckverglasung mit breiter Sitzgelegenheit, diesmal mit Blick in den Garten. Im Bauzimmer können kleine Bauarbeiter mit Spiel-Ziegelsteinen und einem Rohrsystem an der Wand, das Erlebnis Bauen, dass ja alle Kinder mit dem Neubau ihrer Kita live miterlebt haben, nachspielen. Bei unserem Besuch ist hier reges Treiben und Junior ist nur schwer von dem Bautrupp zu trennen.
Gute Architektur beeinflusst Menschen im Positiven. Klick um zu TweetenBeide Geschosse haben ein Bad mit tollen Mosaikfliesen im Waschbeckenbereich einmal in Grün und einmal in Orange sowie schönen Lampen, die alles in ein angenehmes Licht tauchen. Dahinter ein großer begehbarer Duschbereich mit Regendusche, Wasserspiel und bemalbarer Wand. Auch hier gestatten große Verglasungen Blickbeziehungen nach außen und öffnen den Raum optisch. Die Kinder können das Elemente Wasser mit allen Facetten erleben. Die Waschtische sind mit Gefälle und einer Trennwand in der Mitte. So können die kleinen Abenteurer den einen Bereich fluten und dann die Schleusen öffnen. Kindertoiletten sind natürlich überall Standard, aber bei den Kleinen im Erdgeschoss gibt es eine Mini-Mini-Toilette für die Allerkleinsten wie ich sie noch nie gesehen habe.
Ziel des pädagogischen Konzeptes ist es, dass die Kinder möglichst eigenständig werden und später selbstbewusst in den Schulalltag gehen. Die Kinder dürfen soweit wie möglich mitbestimmen und mitentscheiden. So werden regelmäßig Kinderkonferenzen abgehalten. Die Kinder machen aus, wer wann mit wem in den Bewegungsraum geht und sie entscheiden selbst, wann sie schlafen oder duschen gehen möchten. Beim Abendessen, das bei unserem Besuch schon hergerichtet ist, gibt es die Müsli- und die Brot-Vesper-Fraktion. Jeder kleine Abenteurer darf wählen, was er lieber möchte. Im hinteren Teil des knapp 1.000 Quadratmeter großen Grundstücks liegt der traumhafte Außenbereich. Vom oberen Stockwerk führt eine Brücke in den Garten. Der Gummibelag ist angenehm weich und ist farblich unterschiedlich gestaltet, sodass eine Bobbycar-Rennbahn entstanden ist. Natürlich gibt es auch einen Sandkasten, eine Rutsche und ein Häuschen, aber auch einen Felsaufstieg und eine Bauchschaukel. Unter der Brücke können große Hängezelte aufgehängt werden, in denen die Kinder chillen und sich vom Trubel erholen können. Es gibt keine festen Gartenzeiten, wo alle nach draußen müssen, auch hier herrscht Selbstbestimmung.
Pädagogisches Konzept für eigenständige und selbstbewusste Kinder. Klick um zu TweetenAuch die Eltern werden in das pädagogische Konzept miteinbezogen und eingeladen, mit ihren Söhnen und Töchtern Zeit in der Kita zu verbringen. Die Kinder werden morgens nicht einfach nur abgegeben, es kann noch gemeinsam gefrühstückt werden oder die Mütter und Väter trinken noch einen Kaffee und unterhalten sich. Auch mittags sind immer wieder Eltern da, die mit ihren Kindern spielen oder ihnen vorlesen. Die Erwachsenen sind morgens bis zehn Uhr und mittags ab 16 Uhr gern gesehene Gäste und stören den Alltag in der Kita nicht. Ganz im Gegenteil: Alle kennen sich und das Vertrauen ist groß. Zwischen Eltern und Erziehern, zwischen Eltern untereinander und auch zwischen den Kindern und den anderen Eltern. Traumhafte Bedingungen für alle Beteiligten. Großer Vorteil des Uni-Umfeldes ist natürlich der multikulturelle Hintergrund, da hier Menschen aus vielen Ländern zusammenkommen.
Es ist spät geworden. Ein Junge wird von seinem Papa abgeholt und lässt sich mit zusammengepressten Lippen und hängendem Kopf nur widerwillig aus seiner Abenteuerbande rausführen. Er ist sauer, dass er schon Heim gehen muss. Unsere Zeit in der Abenteuerbande ist ebenfalls vorbei und ich ziehe mit Junior wehmütig von dannen. Solche Kindergärten und Kindertagesstätten dürfte es ruhig mehr geben, da sind wir uns einig. Kinder sind unsere Zukunft, heißt es doch so schön. Mit Kindergärten ist kein Geld zu verdienen, aber die Investition in die nächste Generation und auch in bessere Bedingungen für studierende oder berufstätige Eltern lohnt sich auf jeden Fall!
Folge meinem Blog auch auf Bloglovin
Kommentare