
Normalerweise mietet dm-drogerie markt die Räumlichkeiten für seine Läden an. In Schondorf am Ammersee war die Situation einmal ganz anders: hier war dm selbst Bauherr. Beste Möglichkeit für die Drogeriemarktkette – die ein ökologisch, ökonomisch, sozial und kulturell nachhaltiges Handeln in den Mittelpunkt stellt – den Bau ihres Marktes nachhaltig zu gestalten. Ein gelungenes Beispiel, dass nachhaltige Einkaufsmärkte wirtschaftlich gebaut werden können und sich gestalterisch nicht verstecken müssen. “Unser Ziel war es, ein Referenzobjekt für künftige Bauherren und Vermieter zu schaffen, Impulse zu setzen und das Bewusstsein für nachhaltiges Bauen zu fördern”, so dm-Geschäftsführer Markus Trojansky. Da nachhaltiges Bauen nicht nur im privaten Hausbau, sondern auch bei Objektbauten wichtig ist, möchte ich den dm-Markt hier genauer vorstellen. Wir alle profitieren von einer nachhaltigen Bauweise: als Mitarbeiter, als Kunden, als Nachbarn und naturverbundene Menschen.
Herzstück des dm-Marktes ist das intelligente Haustechnik-Konzept, das komplett auf fossile Brennstoffe verzichtet. Insgesamt kommt man mit “relativ wenig eigener Heizleistung aus”, so Projektleiter Peter Nöldner. Mit der Beleuchtung und den Kunden, die sich im Raum befinden, produziert man indirekt viel Eigenwärme, die über eine Wärmerückgewinnung genutzt wird. Den Rest der Energie liefert eine Luft-Luft-Wärmepumpe. “Wir haben weder einen Erdgasanschluss noch einen Erdöltank.”
dm-Markt kommt ohne fossile Brennstoffe aus. Klick um zu TweetenDie Innentemperaturen werden automatisch über Außenfühler der Wetterlage angepasst. Das heißt im Innern des dm-Marktes herrscht in den warmen Monaten immer eine angenehme Raumtemperatur, die ungefähr sechs Grad unter dem Außenniveau liegt. Jeder kennt das Problem von stark abgekühlten Räumen im Hochsommer: Die Folge sind Unwohlsein und Erkältungsgefahr durch den starken Temperaturwechsel. Deshalb ist die Klimaanlage im dm-Markt moderat eingestellt. Doch nicht nur die Temperatur wird selbsttätig geregelt, auch die Lichtsteuerung übernimmt das “Gehirn der Filiale”, die intelligente Haussteuerung. Betreten die Mitarbeiter morgens den Laden, schaltet sich die sogenannte Arbeitsbeleuchtung an, die ungefähr ein Drittel der Gesamtbeleuchtung ausmacht. Circa eine viertel Stunde vor Ladenöffnung geht dann die Vollbeleuchtung an. Die Mitarbeiter brauchen sich diesbezüglich um nichts kümmern. Wenn ein Defekt oder eine Störung auftritt, kann dieser über Fernwartung schnell und ohne großen Aufwand gelöst werden.

Auch der Innenraum ist nachhaltig gestaltet. Foto: dm-drogerie markt
Auf dem Dach ist eine Photovoltaikanlage mit 40 kW Spitzenlast installiert worden, deren Strom zu circa 80 Prozent zum Eigenverbrauch genutzt wird. “Wir gehen davon aus, dass wir mit diesem Anlagentyp in diesem Gebäude ungefähr 35 Prozent Energie einsparen können,” schätzt Nöldner die Situation nach Hochrechnungen der ersten Verbrauchsdaten ein. Genau sagen, ob sich eine Photovoltaikanlage rechne, könne man erst nach drei bis fünf Jahren Betriebszeit. In Schondorf wird unter anderem die LED-Beleuchtung des Marktes dazu beitragen. Schondorf ist einer der ersten dm-Märkte, der eine komplette LED-Beleuchtung hat. Bei den Außenleuchten, die in die Fassade integriert sind, wurde zudem grünes Altglas verwendet. Das ist ökologisch, sieht gut aus und erzeugt ein schönes Licht.
Um die versiegelten Flächen zu kompensieren und den natürlichen Wasserkreislauf wieder zu schließen, wird das Regenwasser vom Dach, dem Parkplatz und den Wegen in einem Entwässerungssystem gesammelt und kann dann im Boden versickern. Einen weiteren Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet der Schondorfer dm-Markt, indem regionale Baustoffe und ortsansässige Handwerker zum Einsatz kamen. Die Fassade besteht zudem aus unbehandelten Lärchenholz, das unmittelbar aus der Region stammt. Lärchenholz hat den Vorteil, dass es aufgrund des hohen Harzgehalts keinen chemischen Holzschutz benötigt.
Einkaufsmarkt konzipiert für eine flexible Nutzung. Klick um zu TweetenDer ganze Markt ist als Holzrahmenkonstruktion konzipiert und kommt im Innenraum ohne Stützen und tragende Wände aus. Damit lässt sich der Innenraum flexibel gestalten und einrichten. Er ist damit ganz im Sinne einer nachhaltigen Bauweise auch ohne großen Aufwand für andere Nutzungen geeignet. Dies ist ein wichtiger Aspekt, denn viele große Hallen oder Supermärkte stehen leer, wenn die ursprünglichen Betreiber gehen. Das hat oft damit zu tun, dass sich die Flächen wenig für neue Mieter eignen und auch nur schwer, mit großem finanziellen Aufwand umgebaut werden können. Nachhaltig ist es daher, dass wir heute so bauen, dass eine flexible Verwendung garantiert wird und ein Gebäude möglichst lange genutzt werden kann.

An der Fassade wurde klimaneutrales Lärchenholz aus der Region verwendet. Foto: dm-drogerie markt
Bei der Dämmung wurde teilweise ein weniger bekanntes Material verwendet – das Seegras. “Wir haben es nicht in allen Bereichen verbaut, sondern zu Testzwecken im Lagerbereich, denn es gibt noch keine Langzeitstudien”, berichtet der Projektleiter. Der erste Eindruck des ökologischen Dämmstoffs ist positiv. “Die Verarbeitung war überhaupt kein Problem und der ersten Härtetest im Winter ist für uns auch absolut zufriedenstellend verlaufen”, so das erste Fazit. Seegras wird in natürlicher Form getrocknet, zerkleinert und als Matten verkauft. Dabei benötigt der ökologische Dämmstoff keinerlei chemische Behandlung und er ist von Natur aus unempfindlich gegenüber Wasser. Ein interessantes Material, das ich gerne auf meinem Blog einmal ausführlicher vorstellen werde.
Seegras - ein interessanter ökologischer Dämmstoff. Klick um zu TweetenEbenso interessant ist der verwendete Bodenbelag. Dieser muss in einem Einkaufsmarkt natürlich extrem robust und belastbar sein. Eingesetzt wurde ein homogener PVC-Boden mit dem nachhaltigen Verlegesystem von Uzin. Dem Bodenbelag wurden 25 Prozent Recyclingmaterial aus rückgeführten Verlegeresten und Altböden beigemischt. Er ist hundertprozent recyclingfähig und laut Hersteller frei von Weichmachern, emissionsarm sowie lebenslang versiegelungsfrei. Der ganze Einkaufsmarkt ist ein durch und durch nachhaltiges Projekt, bei dem von Anfang an der gesamte Lebenskreislauf bedacht wurde. “Wir wollten die Filiale nicht nur in ihrer Entstehung betrachten, sondern bis zu einem möglichen Abbruch”, lautet der Ansatz des Projektteams.

Die Architektur des Drogeriemarktes fügt sich harmonisch in die Umgebung ein. Foto: dm-drogerie markt
Der dm-Markt in Schondorf zeigt auf beeindruckende Weise, dass auch für einen Einkaufsmarkt eine nachhaltige Bauweise möglich ist und sich diese wirtschaftlich darstellen lässt. Besonders schön ist, dass die Architektur einen harmonischen Übergang zur umliegenden Landschaft bildet und man auf gestalterische Details Wert gelegt hat. Warum sollten Einkaufsmärkte und Industriehallen nicht ebenso gestalterisch hochwertig ausgeführt werden wie Wohn- oder Bürogebäude? Alle gemeinsam bilden unsere Umgebung, in der wir leben. Gestaltung ist ein wichtiger Bestandteil, den die Verantwortlichen bei dm anscheinend sehr ernst nehmen. “Die Filiale wirkt für sich,” kommt Nöldner ins Schwärmen, “wir möchten auch gestalterische Zeichen setzen.”
Die achtmonatige Bauzeit des dm-Marktes in Schondorf wurde in Zeitraffertempo festgehalten. Hier geht es zum Video.


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